Unternehmeredition: Krisenplan B: Der mutige Schritt zum Notverkauf

Notverkauf: Autark über das Schicksal des eigenen Unternehmens bestimmen

Gerade für Unternehmer eines familiengeführten Betriebs, der sich teils über Generationen im Eigentum befindet, ist eine Insolvenz ein herber Schlag. In wirtschaftlich turbulenten Zeiten geraten immer mehr Familienunternehmen in die Krise. Manchmal bleibt nicht mehr viel Zeit für eine Lösung. Doch ist ein Notverkauf eine echte Alternative zur Insolvenz? Und was bringt ein Verkauf dem Familienunternehmer? Falkensteg Partner Georg von Verschuer beschreibt den Notverkauf im Magazin Unternehmeredition.

Die Folgen von COVID-19, Inflation, hohen Zinsen, geringer Konsumlaune und Fachkräftemangel haben es aufgedeckt: Nicht alle Unternehmen haben in Bezug auf die Vorsorge für Krisenzeiten ihre Hausaufgaben gemacht. Weder wurden Geschäftsmodelle früh genug adaptiert noch wurden ausreichende Kapitalrücklagen gebildet, die Preise angepasst oder Kosten reduziert. Aber auch für Banken ist in Zeiten steigender Zinsen und einer unklaren Entwicklung der Konjunktur die Entscheidungslage kompliziert. Teils verwehren sie eine benötigte Refinanzierung, eine Kontokorrentlinie oder eine Avallinie, die benötigt wird, um das dringend erforderliche Neugeschäft abzusichern. Spezialisierte Debt-Fonds sind selten eine erstrebenswerte Alternative, fordern sie doch für eine Risikofinanzierung meist zweistellige Zinssätze und teilweise zusätzliches Eigenkapital.

Dies kann für das Unternehmen schwerwiegende Folgen haben. Lässt es sich nicht wieder wettbewerbsfähig aufstellen, bleiben häufig nur zwei Möglichkeiten – der Notverkauf und die Insolvenz. Die Frage, ob ein Notverkauf eine Alternative darstellt, hängt maßgeblich davon ab, ob bereits eine Insolvenzantragspflicht gegeben ist. Sofern die Insolvenzgründe vorliegen, ist für einen Notverkauf keine Zeit mehr. Das Tragische für den Familienunternehmer: Ob die eigene Krise verschuldet oder unverschuldet ist, ist für das Ergebnis irrelevant.

Aber ist ein Notverkauf eine erstrebenswerte Alternative? Ist nicht das Ergebnis schlussendlich das Gleiche und führt zum Verlust des Unternehmens? Grundsätzlich hat auch ein Notverkauf diverse Nachteile. Ein Verkauf aus einer Notsituation heraus hat immer Implikationen auf den Kaufpreis. Deshalb ist bei Unternehmern regelmäßig ein Zuwarten zu beobachten, da das Unternehmen noch nicht sein volles Potenzial erreicht hat, um einen möglichst hohen Kaufpreis zu realisieren. Andererseits sind es aber auch sentimentale Gründe, die gegen einen Verkauf sprechen; sei es, dass der Unternehmer nicht die Verantwortung für den Niedergang des seit Generationen bestehenden Familienunternehmens übernehmen will oder er das unerträgliche Gefühl hat, im eigenen Unternehmen in Zukunft vielleicht nur noch angestellt zu sein. Demgegenüber steht jedoch eine Reihe an Vorteilen, die insbesondere im Kontrast zu einer Insolvenz stark an Gewicht gewinnen.

(Verbleibende) Werte realisieren

Bis auf wenige Ausnahmen gilt: Ein notleidendes Unternehmen ist mehr wert als ein insolventes Unternehmen. Die Bewertung eines Unternehmens hängt stark von dessen Prognose und den zu erwartenden Kapitalzuflüssen ab. Bei insolventen Unternehmen geht man in der Regel davon aus, dass das Geschäftsmodell, unter gleichbleibenden Bedingungen, nicht wirtschaftlich zu betreiben ist. Eine Insolvenz bedeutet zudem immer einen Reputationsschaden, welcher sich kumulativ wertmindernd auswirkt. Zudem verlassen in der Regel die wertvollsten Mitarbeiter als Erste das insolvente Unternehmen. Vor diesem Hintergrund geht man in Insolvenzfällen häufig nur noch von Sachwerten der Vermögensgegenstände aus.

Demgegenüber bleibt dem Verkäufer bei einem vorinsolvenzlichen Notverkauf ein gewisser Handlungs- und Strukturierungsraum. Der Unternehmer kann sich, mithilfe eines spezialisierten Beraters, auf die Suche nach einem geeigneten Nachfolger machen. Zudem können eigenständig noch Restrukturierungsmaßnahmen in Gang gesetzt werden, beispielsweise durch eine Umschichtung von Langzeitverbindlichkeiten oder durch den Verkauf von nicht-produktiven Vermögensgegenständen. Eine konzentrierte, gezielte Ansprache möglicher Investoren kann hier schnell eine Wertindikation abbilden. Zuletzt bestimmt sich der Unternehmenswert danach, was ein Käufer bereit ist, für das Unternehmen zu bezahlen. Der Hauptvorteil eines Notverkaufs liegt allerdings in der Möglichkeit für den Unternehmer, entweder einen gewissen Kaufpreis für sein Unternehmen zu erhalten oder, sofern für Kredite in der Vergangenheit selbstschuldnerisch gebürgt wurde, eine Enthaftung zu realisieren. Auch kann gegebenenfalls eine Altersvorsorge durch einen Notverkauf gerettet werden.

Worst-Case-Szenario: Regelinsolvenz

Für den Unternehmer stellt die Regelinsolvenz regelmäßig das Worst-Case-Szenario dar. Im Fall der Regelinsolvenz werden regelmäßig, im Rahmen der übertragenden Sanierung, die Vermögensgegenstände auf ein erwerbendes Unternehmen übertragen. Die Altgesellschaft (und Anteile des Altgesellschafters) wird samt den Altverbindlichkeiten liquidiert. Für den Unternehmer bedeutet dies, dass jener die Anteile an seinem Unternehmen verliert und bezüglich der Verteilung des Kaufpreises im Vergleich zu den Gläubigern nachrangig ist.
Etwas anders sieht es im Insolvenzplan aus. Durch eine Insolvenz in Eigenverwaltung sowie im Rahmen eines Insolvenzplans sind sehr wohl Strukturen, auch innerhalb der Insolvenz, denkbar, die eine „Rettung“ der Anteile ermöglichen. Für die Realisierung eines Insolvenzplans ist allerdings eine ausreichende Liquiditätsausstattung und Eigenkapitaldeckung nötig. Sowohl die Bemühung eines geeigneten Beraters und die Verfahrenskosten als auch die Finanzierung sowie Durchführung des Plans sind kostenintensiv. Dafür bietet der Insolvenzplan eine Möglichkeit der Rückbeteiligung des (Alt-)Gesellschafters. Regelmäßig ist dies allerdings gleichwohl mit einer unternehmerischen Tätigkeit in einer Schlüsselrolle verbunden. Auch wird häufig eine finanzielle Beteiligung des (Alt-)Gesellschafters erwartet.

FAZIT

Ist also ein Insolvenzplan in Eigenverwaltung dem Notverkauf vorzuziehen? Zwar ist die Antwort einzelfallabhängig, jedoch gilt: Wer selbstbestimmt über das Schicksal des eigenen Unternehmens entscheiden möchte, für den bietet sich ein Notverkauf an. In der Insolvenz in Eigenverwaltung gewährleistet der Sachwalter, dass die Entscheidungen zum Wohle der Gläubiger und nicht des Unternehmers getroffen werden. Eine Benachteiligung der Gläubiger soll in der Eigenverwaltung ausgeschlossen werden. Beim Notverkauf kann sich der Unternehmer dagegen den zukünftigen Investor selbst aussuchen. Die Entscheidung über das Gesamtpaket obliegt dem Unternehmer und nicht den Gläubigern. Somit stellt der Notverkauf einen Rettungsanker dar. Ein möglicher Kaufpreis oder zumindest die eigene Enthaftung sind der Silberstreif für eine schwerwiegende und mutige Entscheidung zu einem Notverkauf.

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