Rettungsquoten 2025 weiter gesunken, Insolvenzen auf Höchstniveau

Nur etwa ein Drittel der Firmen mit einem Umsatz über 10 Millionen Euro, die 2024 Insolvenz anmeldeten, wurde bisher erfolgreich saniert.

Die aktuelle Rettungsquote liegt bei lediglich 33,1 Prozent – ein neues Tief seit Jahren und ein weiterer Rückgang gegenüber dem Vorjahr (34,9 Prozent). Vor vier Jahren erhielten noch fast 60 Prozent der betroffenen Unternehmen eine zweite Chance, wie eine Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg zeigt. Besonders deutlich ist der Einbruch in den Krisenbranchen Automotive und Metallwaren, wo sich die Rettungsquoten innerhalb eines Jahres halbiert haben. Im Maschinenbau hingegen bleibt die Quote stabil auf einem vergleichsweise hohen Niveau von etwa 56 Prozent.

Insolvenz wieder ein Mittel der Marktbereinigung

Diese Entwicklung spiegelt eine Normalisierung hin zu einem rationalen Niveau wider, wie Studienautor Jonas Eckhardt betont: „Gerade die Coronahilfen und die Kurzarbeit während der Pandemie hatten die reinigende Wirkung der Insolvenz verwässert.“ Bei zwei Dritteln der insolventen Unternehmen fehle schlichtweg ein funktionierendes Geschäftsmodell oder eine tragfähige Organisationsstruktur, die eine Sanierung überhaupt ermöglichen würde. Die zweite Chance – sei es durch einen Verkauf an einen Investor oder durch Zustimmung der Gläubiger zu einem Insolvenzplan – ist somit kein Selbstläufer mehr. Investoren, insbesondere in den Branchen Automotive und Immobilien, prüfen sehr genau und übernehmen häufig nur noch Teilbereiche, die zu ihrem eigenen Geschäftsmodell passen. „Insolvente Unternehmen müssen heute bereits im Verfahren umfassend saniert sein, um überhaupt noch einen Käufer zu finden“, erklärt der M&A-Experte Eckhardt. Die Folge: Unternehmen müssen häufiger ganz schließen, und die Verfahren dauern immer länger. Von den 2024 angemeldeten Insolvenzen sind bislang nur 60 Prozent abgeschlossen, während es 2020 noch rund 90 Prozent waren.

Insolvenzanträge: Hohes Niveau, aber Dynamik abgeschwächt

Die Insolvenzanmeldungen bleiben dagegen auf einem hohen Niveau: Im ersten Halbjahr 2025 verzeichneten die Amtsgerichte 201 Großinsolvenzen – der zweithöchste Wert seit 2018 und 17 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Allerdings hat die Dynamik der Insolvenzentwicklung leicht nachgelassen: Im zweiten Halbjahr 2024 wurden noch 206 Großinsolvenzen gezählt. Die Erwartungen an die Zunahme der Insolvenzen waren zu Jahresbeginn deutlich höher ausgefallen.
Die meisten Insolvenzen verzeichnet die Immobilienbranche mit 27 Fällen – ein Minus von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Es folgt das verarbeitende Gewerbe, insbesondere Automotive (26 Insolvenzen, 1. HJ. 2024: 21), Metallwaren (22 Insolvenzen, 1. HJ. 2024: 18), Elektrotechnik (20 Insolvenzen, 1. HJ. 2024: 15) und Maschinenbau (18 Insolvenzen, 1. HJ. 2024: 15). Die Steigerungsraten sind in diesen Industrien moderat, da bereits 2024 extreme Anstiege zu verzeichnen waren. Deutlich stärker stiegen die Zahlen bei Kunststoffverarbeitern mit 15 Insolvenzen (+150 Prozent) und im Autohandel mit 14 Insolvenzen (+180 Prozent). Im Konsumbereich (Fashion, FMCG, Einzelhandel) sind die Insolvenzzahlen hingegen spürbar gesunken. Hochpreisige Investitionsgüter wie Autos und Möbel stehen jedoch weiterhin unter Druck.

„Die Krise in der deutschen Wirtschaft macht derzeit eine Erholungspause. Da Insolvenzen immer nachgelagert sind, wird es mindestens bis 2026 dauern, bis die ersten positiven Signale bei den Insolvenzzahlen ankommen“, erklärt Jonas Eckhardt. Wesentliche Treiber der Insolvenzen sind tiefgreifende Transformationsprozesse, die unabhängig von der Konjunktur ablaufen. „In der Automobilindustrie werden noch viele Unternehmen ausscheiden müssen, weil ihr Produkt perspektivisch nicht mehr oder nur in geringeren Stückzahlen benötigt wird. Und die Lokomotive Automotive zieht die Zulieferer aus dem Maschinenbau, Metallwaren und der Elektronik mit in die Pleite.“

Weiter steigende Insolvenzzahlen bis Ende 2025

Im Vorjahr zählten die Amtsgerichte insgesamt 377 zahlungsunfähige Großunternehmen. Für das Gesamtjahr 2025 erwartet der Sanierungsexperte Eckhardt eine Steigerung der Großinsolvenzen um rund 16 Prozent auf etwa 440 Fälle. Trotz positiver Konjunkturdaten im zweiten Quartal bleiben die strukturellen Defizite – überbordende Bürokratie, hohe Steuern und Fachkräftemangel – am Standort Deutschland bestehen. Reformen wurden bislang nicht umgesetzt, sondern befinden sich allenfalls in der Planungsphase. „Die psychologische Komponente spielt derzeit eine große Rolle, viele Unternehmen und Investoren hoffen auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, doch bisher bleibt es beim Glauben und Hoffen. Die positive Entwicklung der Konjunkturdaten könnte jedoch kurzfristig für eine gewisse Entspannung gegen Ende des Jahres sorgen“, so Jonas Eckhardt.