Wieder Hoffnung für M&A nach der Corona-Pandemie


Normalerweise sinken nach und in einer Krise die Unternehmensbewertungen und die Dealzahlen. Doch die Erfahrungen sind nicht auf die aktuelle Situation übertragbar. Dank des derzeit hohen Anlagedruckes für Investoren, der Möglichkeit für Schnäppchen und der niedrigen Zinsen könnte die Nachfrage im M&A-Markt noch während der Pandemie wieder steigen und die Marktmechanismen außer Kraft setzen.

In der Finanzkrise 2008 haben sich die Kaufpreise für Unternehmen deutlich verschlechtert. Während 2007 im Schnitt (Median) noch EBITDA-Multiplikatoren von 11,08x gezahlt wurden, sank die Bewertung auf EBITDA-Basis im Jahr 2008 auf 8,77x. Das entspricht einem Preisverfall von 20,9 Prozent. Die pauschale Aussage, dass Unternehmensbewertungen in Krisenzeiten sinken, greift jedoch deutlich zu kurz. Denn Unternehmenstransaktion setzen einen zeitlichen Rahmen von neun bis zwölf Monaten voraus. Somit waren die Tiefstände der Multiplikatoren nicht, wie zu erwarten, im Krisenjahr 2008, sondern erst ein bis zwei Jahre später zu beobachten. Gemessen am Umsatz erreichten die Unternehmensbewertungen den Tiefstand 2009, wobei die Kaufpreise von 1,04x Umsatz im Jahr 2008 auf 0,75x Umsatz ein Jahr später sanken. Die Bewertung auf Basis des EBITDA erreichte die Talsohle sogar erst im Jahr 2010 und fiel von 8,77x im Jahr 2008 auf 7,80x im Jahr 2010.

Dealzahlen sanken nach 2008 deutlich

Eine spürbare Abkühlung der M&A-Aktivität lässt sich auch anhand der Anzahl der abgeschlossenen Transaktionen ableiten. Während 2007 noch 738 Transaktionen abgeschlossen wurden, sank dieser Wert 2008 um 14,0 Prozent auf 635 und um weitere 16,1 Prozent im Jahr 2009 auf nur noch 533 Transaktionen. Erst 2012 wurde das Vorkrisenniveau mit 749 Übernahmen wieder leicht überschritten.

Besonders stark waren damals die Branchen Real Estate (durchschnittlicher Rückgang der jährlichen Transaktionsanzahl zwischen 2007 und 2010: 39,6 %), Internet/E-Commerce (-16,8 %), Industrieautomation (-16,5 %), Computer Services (-16,4 %) sowie die Chemie- und Materialwirtschaft (-14,3 %) betroffen.

In der Covid-19-Pandemie zählen vor allem die B2C-Branchen (Touristik, Hotels, Gastronomie, Einzelhandel Konsumgüter und Möbel) sowie die Export-Industrien (Automotive, Maschinebau, Industriegüter) zu den Verlierern.

Hoher Anlagedruck und niedriges Zinsniveau

Die finanziellen Rahmenbedingungen der aktuellen Corona-Krise unterscheiden sich allerdings signifikant von der damaligen Situation. Entscheidend für die Entwicklung des M&A-Geschehens ist vor allem die besondere Situation der Finanzinvestoren. Gerade Private Equity-Unternehmen haben 2019 so viel Geld eingesammelt wie noch nie. Das nicht investierte Kapital (Dry-Powder-Bestände) betrug Ende des letzten Jahres weltweit ca. 2,5 Billionen Euro, was einem Anstieg von 38 Prozent im Vergleich zum durchschnittlichen Niveau zwischen 2014 und 2018 entspricht. In der Finanzkrise lagen die verfügbaren Mittel der Investoren deutlich darunter. Sie betrugen im Vorkrisenjahr 2007 lediglich 1,1 Billionen Euro und damit weniger als die Hälfte im Vergleich zu 2019 (Quelle: Global Private Equity Report 2020: Bain & Company). Neben dem neuen Rekordniveau der liquiden Mittel spielt auch das aktuelle Zinsniveau eine entscheidende Rolle. Während der Leitzins 2008 noch bei ca. 4 Prozent lag, bewegt sich dieser in Folge der Finanzkrise seit Jahren um die Nulllinie. Investoren müssen also schon seit Längerem Alternativen zu Staatsanleihen u.ä. finden, um entsprechende Renditen realisieren zu können. Diese Umstände führen folglich zu einem hohen Anlagedruck für Investoren.

Bleiben Marktmechanismen bestehen?

Welche Auswirkungen die aktuelle Corona-Krise auf den M&A-Markt haben wird, lässt sich bisher nur schwer abschätzen. Einerseits hat die Finanzkrise gezeigt, dass sich ein Downturn auf Unternehmensbewertungen und die Transaktionsanzahl erst mit einem gewissen zeitlichen Versatz auswirkt. Andererseits bleibt es spannend zu beobachten, wie sich der erhöhte Anlagedruck auf das M&A-Umfeld auswirken wird. Viele Investoren werden sicherlich eine Chance wittern, sich günstig in Unternehmen einzukaufen. In Kombination mit den hohen DryPowder-Beständen treibt das die Nachfrage. Gemäß der üblichen Marktgesetze würden die Preise für Übernahmen dann sogar steigen. Möglicherweise setzt die Corona-Krise die bekannten Mechanismen aus der Vergangenheit außer Kraft.