Der flexible Sanierungsbaukasten
Außergerichtliche Sanierung, StaRUG-Verfahren oder Eigenverwaltung – Der Sanierungsbaukasten hält für jede wirtschaftliche Schieflage ein Instrument und die passenden Maßnahmen bereit.
Mit dem StaRUG, dem Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz, können Firmenlenker auf ein weiteres Instrument zur Sanierung von Unternehmen zugreifen. Es schließt die Lücke zwischen einer außergerichtlichen Sanierung, bei der alle Gläubiger mitwirken müssen, und der Sanierung in der Eigenverwaltung. Je nach wirtschaftlicher Ausgangslage kann der Unternehmer aus verschiedenen Verfahren wählen. Voraussetzung für die nachhaltige Sanierung: Das Unternehmen muss frühzeitig und gut vorbereitet mit den Maßnahmen beginnen. Ein erfahrener Sanierungsberater kann bei der Auswahl der richtigen Option unterstützen.
Option 1 – Die außergerichtliche Sanierung
Die außergerichtliche Sanierung wird immer dann gewählt, wenn ein Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage gerät, aber noch voll handlungsfähig ist. Zudem ist es das Mittel zur Wahl, wenn die Sanierungsmaßnahmen einen begrenzten Kapitalbedarf erfordern und beispielsweise durch Fremdkapitalgeber finanziert werden sollen. Der Erfolg einer außergerichtlichen Sanierung steht und fällt jedoch mit der konsensualen Zustimmung der von der Sanierung betroffenen Gläubiger. Diese Zustimmung muss im Rahmen von zivilrechtlichen Verhandlungen erreicht werden. Einseitige Eingriffe in die Rechte Dritter sind im Gegensatz zum StaRUG-Verfahren (siehe Option 2) mit diesem Verfahren ausgeschlossen.
In der Praxis liegt der außergerichtlichen Sanierung meist ein Sanierungsgutachten nach IDW S6 bzw. nach aktueller BGH-Rechtsprechung zu Grunde. Die Vorteile der außergerichtlichen Sanierung liegen auf der Hand: Erstens werden in die Verhandlungen nur die betroffenen Gläubiger einbezogen und es dringt selten etwas an die Öffentlichkeit. Zweitens sprechen für das Verfahren die geringen Kosten im Verhältnis zu anderen Sanierungsverfahren. Und drittens bleibt das Management während des Sanierungsprozesses im Driver Seat. Der wesentlichste Nachteil der außergerichtlichen Sanierung sind die sogenannten Akkordstörer. Das sind Gläubiger, deren Zustimmung für den angestrebten Sanierungsprozess erforderlich ist, die diesen aber aus eigenen Interessen blockieren. Sie können das gesamte Verfahren zum Scheitern bringen. Dieser Nachteil kann durch die Sanierung im StaRUG (siehe Option 2) beseitigt werden. Darüber hinaus stehen gesetzliche Sanierungshilfen zur Liquiditätsgenerierung nicht zur Verfügung.
Option 2 – der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen
Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) unterstützt das krisenbehaftete Unternehmen mit verschiedenen Sanierungsinstrumenten. Dazu zählen im Wesentlichen die Stabilisierungsanordnung und der Restrukturierungsplan. Mit der Anordnung wird die Zwangsvollstreckung sowie die Verwertung von Gegenständen, an denen Drittrechte von Gläubigern bestehen, ausgesetzt. Und der Restrukturierungsplan enthält die Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Werden diese Instrumente genutzt, ist ein Restrukturierungsgericht einzuschalten. Die Eintrittsvoraussetzung für dieses Sanierungsverfahren ist der Nachweis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Dies bedeutet, dass das Unternehmen noch nicht insolvenzantragspflichtig sein darf.
Wer sich mit dem StaRUG sanieren will, muss das Verfahren frühzeitig und gut vorbereiten. Zunächst wird das Verfahren bei einem Restrukturierungsgericht angezeigt. Anzufügen sind ein Entwurf des Restrukturierungsplans bzw. -konzeptes und eine Darstellung des Verhandlungsstandes mit den Gläubigern. Der Restrukturierungsplan zeigt auf, mit welchen Maßnahmen die Sanierung gelingen und in welche Gläubigerrechte eingegriffen werden soll. Er bildet die Grundlage für die Abstimmung der Gläubigergruppen, die vom Plan betroffen sind. Weiterhin ist er für das Gericht eine Voraussetzung, wenn einzelne Gläubiger für das Gelingen der Sanierung überstimmt werden müssen. Im Gegensatz zur außergerichtlichen Sanierung bietet das StaRUG verschiedene rechtliche Instrumente, welche die Sanierung erleichtern sollen. Hierzu gehören die quotale Befriedigung der Gläubiger auch bei obstruierenden Gläubigerinteressen, Vollstreckungs- und Verwertungssperren (Stabilisierungsanordnung) sowie die gerichtliche Bestätigung des Plans, um Nachweis- und Anfechtungsrisiken zu minimieren. Lesen Sie mehr zum Weg durch das StaRUG-Verfahren.
Wie auch bei der außergerichtlichen Sanierung verbleibt das Management im Driver Seat. Kommen die rechtlichen Instrumente zum Einsatz, dann wird ein Restrukturierungsbeauftragter vom Gericht bestellt. Dieser übernimmt Vermittlungs- und Kontrollfunktionen. Der wesentliche Vorteil dieses Verfahrens gegenüber der außergerichtlichen Sanierung: Es können Verfahrensstörer diszipliniert werden und die Vollstreckungs- und Verwertungssperren geben ausreichend Zeit und Ruhe für die Ausarbeitung eines Restrukturierungsplans. Das StaRUG-Verfahren ist kein Insolvenzverfahren und findet weitestgehend außerhalb der Öffentlichkeit statt. Somit sind keine Reputationsverluste zu erwarten.
Ein Nachteil liegt in den höheren Kosten gegenüber der außergerichtlichen Sanierung, die durch den Einsatz des gerichtlich bestellten Restrukturierungsbeauftragten entstehen. Außerdem findet bei der Nutzung der rechtlichen Sanierungsinstrumente in begrenztem Maße eine gerichtliche Kontrolle statt. Zu beachten ist schließlich auch, dass der Rechtsrahmen nicht bei der Sanierung im Personalbereich und betrieblichen Altersversorgung zur Verfügung steht.
Option 3 – Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren
Befindet sich das Unternehmen bereits im Stadium der Insolvenzantragspflicht oder sind im Rahmen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit (Insolvenzantragsrecht) tiefgreifende Sanierungsmaßnahmen erforderlich, ist das Eigenverwaltungs- bzw. Schutzschirmverfahren das Mittel der Wahl. Es handelt sich bei beiden Sanierungsinstrumenten um Insolvenzverfahren. Dennoch bleibt das Management handlungs- und verfügungsberechtigt. Das Schutzschirmverfahren als Variante der Eigenverwaltung kann bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung genutzt werden. Zudem muss nachgewiesen werden, dass eine Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Das klassische Eigenverwaltungsverfahren kann sowohl bei vorliegender Zahlungsunfähigkeit als auch bei Überschuldung beantragt werden.
Die Besonderheit der Sanierung im Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren liegt in der Einbindung weiterer Verfahrensbeteiligter. So sind neben dem Management ein gerichtlich bestellter Sachwalter, das Gericht und ein Gläubigerausschuss maßgeblich am Verfahren beteiligt. Beide Verfahren sind sehr komplex und benötigen umfassende Kenntnisse u.a. im Insolvenz-, Gesellschafts- und Arbeitsrecht. Deshalb sollte ein sanierungs- und insolvenzerfahrener Berater vom Unternehmen mandatiert werden.
Der gerichtlichen Kontrolle stehen aber auch weitreichende Sanierungsinstrumente gegenüber. So werden unbesicherte Altverbindlichkeiten zunächst nicht bedient. Sie belasten somit nicht die Liquidität des Unternehmens. Altverbindlichkeiten werden je nach Gang des Verfahrens mit einer zu bestimmenden Quote abgelöst. Ferner wird das Unternehmen im Rahmen des Insolvenzgeldes, welches typischerweise für drei Monate bezahlt wird, erheblich in seiner Liquidität gestützt. Zudem können ungünstige Verträge einseitig mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Die Begrenzung von Abfindungsansprüchen sowie ein vereinfachter Personalabbau erleichtern zudem harte, aber erforderliche Sanierungseinschnitte. Ebenso können hohe aufgelaufene Pensionsverpflichtungen durch eine Quotenregelung abgeschnitten werden.
Nachteilig bei diesem Sanierungsverfahren sind die relativ hohen Kosten, die jedoch durch die erheblichen positiven Liquiditätseffekte des Insolvenzverfahrens überkompensiert werden, oder ein Gesellschafterwechsel, sollte eine Sanierungslösung nur durch weiteres Kapital möglich sein. Die Eigenverwaltung wird zudem häufig von einem öffentlichen Interesse begleitet.
Die professionelle Beratung ist deshalb unverzichtbar. Sie lenkt die Stakeholderinteressen im Sinne der Unternehmenssanierung, erstellt die optimale Roadmap für die Sanierung und schafft bei Kunden, Lieferanten sowie Kreditgebern Vertrauen in das Verfahren.