Business Insider Deutschland: Pleitewelle in der Immobilien-Branche rollt weiter
Die Großinsolvenzen im Immobilienbereich haben sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt.
Von 32 Fällen im Jahr 2023 stieg die Zahl auf 66 im Folgejahr. Dieser Trend wird vor allem durch Unternehmen aus dem Bereich Innenausbau verstärkt. Hier haben sich die Insolvenzen von 14 auf 40 fast verdreifacht.
Des Weiteren mussten 29 Rohbauer und Projektierer einen Insolvenzantrag stellen, was ein Plus von 52 Prozent bedeutet, so eine Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg zu den Insolvenzen von Immobilienunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Mio. Euro.
Christian Alpers, Partner bei der Unternehmensberatung Falkensteg, sieht die Branche vor enormen Herausforderungen: „Wir befinden uns in einer der größten Rezessionen und Transformationen, vergleichbar mit dem Wandel des Ruhrgebiets von der Kohle- zur Dienstleistungsregion.“ Trotz sinkender Zinsen herrsche in Deutschland eine große Unsicherheit, die zu einer erheblichen Investitionszurückhaltung führe. Allein eine politische, nachhaltige und verlässliche Zielrichtung könne, so der Immobilienexperte, der Branche kurzfristig wieder den Aufwind geben, welcher als positiver Katalysator für die Gesamtwirtschaft wirken würde.
Für dieses Jahr rechnet der Immobilienexperte mit einem Anstieg der Immobilieninsolvenzen um rund 50 Prozent, denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern sich nicht von heute auf morgen. Überproportionale Steigerungsraten sieht der Restrukturierungsexperte vor allem bei den nachlaufenden Gewerken.
Für die verschiedenen Assetklassen prognostiziert Alpers eine uneinheitliche Entwicklung: "Im Industriesektor wird es aufgrund des allgemeinen Produktionsrückgangs kaum noch Wachstum geben. Bei Büroimmobilien wird sich der Markt spalten: Zentrale Lagen mit hohen ESG-Standards werden boomen, weniger gute Lagen werden an Wert verlieren. Auf dem Wohnungsmarkt bleibt die Nachfrage in den Top-7-Städten und deren Speckgürteln hoch, während ländliche Regionen Probleme bekommen könnten."
Besonders schwierig ist die Situation für institutionelle Investoren. „Viele Immobilien wurden zu teuer eingekauft“, erklärt Alpers. Er rät: „Wer nicht zum Verkauf gezwungen ist, sollte die Situation aussitzen und ein aktives Bestandsmanagement betreiben“. Er empfiehlt, Gebäude zu optimieren und wenn möglich auf einen ESG-konformen Standard zu bringen. Problematisch wird es für Fonds mit festen Laufzeiten oder bei Kapitalabflüssen. „Wer vor zehn Jahren für 100 gekauft hat, bekommt jetzt vielleicht noch 60 oder 70 dafür. Hier heißt es, Stillhalten bis 2026 oder länger“, so der Experte.