Maturus aktuell: Die Krise hat die Unternehmensfinanzierung nachhaltig verändert
Covid-19 und der Lockdown sind nicht ohne Folgen für die Unternehmensfinanzierung geblieben.
Wie können Firmen in der jetzigen Situation agieren und sich langfristig solide aufstellen. Maturs Aktuell sprach mit Falkensteg-Partner Jens von Loss.
Maturus aktuell: Herr von Loos, welche Situationen stellen besondere Herausforderungen an die Unternehmensfinanzierung?
Von Loos: Bis zum Frühjahr 2020 waren besondere Herausforderungen etwa der Verlust eines Großkunden, die Errichtung eines neuen Produktionsstandortes sowie Zukauf und Integration eines Unternehmens. Die COVID-19-Pandemie hat jedoch jede bestehende Unternehmensplanung nachhaltig verändert. Insbesondere in solch wirtschaftlich unsicheren Zeiten ist es für ein Unternehmen elementar wichtig, die Liquidität im Rahmen einer langfristigen Unternehmensfinanzierung abzusichern.
Maturus aktuell: Wie stark hat COVID-19 den finanziellen Handlungsbedarf bei den Unternehmern erhöht?
Von Loos: Die Pandemie hat Unternehmen vor neue Herausforderungen gestellt: Erhöhte Unsicherheiten über die zukünftige Marktentwicklung und massive Umsatzeinbrüche bei gleichbleibenden Kosten haben die Gewinne deutlich verringert. Für diese Fälle hat die Bundesrepublik Deutschland diverse Hilfsprogramme wie Kurzarbeitergeld oder KfW-Darlehen aufgesetzt. Unternehmen, die trotz Hilfsprogrammen weiteren Finanzierungsbedarf aufweisen, tun sich im aktuellen Finanzierungsmarkt sehr schwer, diese Finanzierungslücke zu schließen. Dies liegt zum einen an der Kreditvergabepolitik der Banken und zum anderen an der höheren Planungsunsicherheit der Unternehmen. Wir empfehlen unseren Mandanten daher mit den Finanzierungspartnern langfristige Finanzierungslösungen mit ausreichend Liquiditätsreserven zu vereinbaren.
Maturus aktuell: Ein Mandant möchte seine Finanzierung neu aufstellen: Welche Schritte würden Sie empfehlen und wieviel Zeit sollte dafür eingeplant werden?
Von Loos: Der erste Schritt sollte die Analyse der aktuellen Situation und der Abgleich der Finanzierungsziele mit dem Business Plan sein. Auf dieser Basis empfehlen wir ein maßgeschneidertes und nachhaltiges Finanzierungskonzept, das auf die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens abgestimmt ist. Das Finanzierungskonzept umfasst neben Laufzeiten auch die Zusammensetzung der Finanzierungsinstrumente und Finanzierungspartner. Für die Analyse und Konzeptionierung rechnen wir mit zwei Wochen und für die Umsetzung der Finanzierung bis zur Unterzeichnung der Dokumentation je nach Komplexität und Bonität des Unternehmens mit weiteren vier bis acht Wochen. Generell empfehlen wir unseren Mandanten, neben den Bestandsbanken auch mit neuen Banken und bei Bedarf mit alternativen Finanzierungspartnern zu sprechen, um die Transaktionssicherheit zu maximieren und die Konditionen zu optimieren.
Maturus aktuell: Was ist bei einer Finanzrestrukturierung im Rahmen einer Krise zu beachten – wo lauern Fallstricke?
Von Loos: In einer Finanzrestrukturierung können die Interessen der jeweiligen Stakeholder, insbesondere der Gesellschafter und Fremdkapitalgeber, divergieren. Als Verhandlungsbasis dient ihnen deshalb eine Value-Break-Analyse. Diese ermittelt den aktuellen Unternehmenswert und stellt sie dem jeweiligen Rang der Verbindlichkeiten beziehungsweise des Eigenkapitals gegenüber. Die alles entscheidenden Fragen sind: Wo bricht der Unternehmenswert und wie hoch ist der Bedarf an zusätzlicher Liquidität? Wesentliches Ziel der Fremdkapitalgeber ist die Vermeidung eines Forderungsverzichts. Eigenkapitalgeber versuchen hingegen den Verlust ihres Unternehmens abzuwenden. Beide Stakeholder wollen in der Regel keine neuen Mittel bereitstellen. Die Partei, die den zusätzlichen Kapitalbedarf bedient, hat in der Regel die beste Verhandlungsposition bei den Restrukturierungsgesprächen. In solchen anspruchsvollen Situationen empfiehlt es sich, einen Finanzierungsberater zu mandatieren, der das Unternehmen durch die Krise führt und die Verhandlungen mit den jeweiligen Stakeholdern moderiert.
Maturus aktuell: Können Unternehmer generell etwas tun, um ihre Finanzierungsplanung von vornherein krisenfest auszurichten?
Von Loos: Wir raten unseren Mandanten in der Regel, mehrjährige Finanzierungsverträge mit ausreichenden Finanzierungsreserven abzuschließen, um mögliche Abweichungen im Business Plan kompensieren zu können. Des Weiteren sollte man mit großem zeitlichem Vorlauf mögliche Finanzierungsfälligkeiten antizipieren. Falls erforderlich, empfehlen wir zusätzlich die Prüfung alternativer Finanzierungspartner.
Maturus aktuell: Wie hat sich dabei die Bedeutung assetbasierter Finanzierungsmodelle entwickelt?
Von Loos: Assetbasierte Finanzierungsmodelle haben über die letzten Jahre an Bedeutung gewonnen und stellen in Krisensituationen häufig eine interessante Finanzierungsform dar. Sollten Sicherheiten zur Verfügung stehen, bieten solche Finanzierungen die Möglichkeit, kurzfristig Liquidität zu generieren und eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwehren. Im Gegensatz zu beispielsweise Banken legen Asset-Finanzierer im Wesentlichen den Wert des verfügbaren Vermögensgegenstandes zugrunde und schrecken nicht vor herausfordernden Situationen zurück.