Liquiditätsplanung in der Krise

Die Liquiditätsplanung dient zur Steuerung und Kontrolle der Liquiditätsentwicklung. Sie stellt gerade in der Krise ein entscheidendes Instrument dar, denn sie bildet die Informationsbasis für die Verhandlung mit verschiedenen Stakeholdern. Damit sie diesen vielfältigen Anforderungen genügt, muss sie entsprechend aufgebaut sein.

Liquidität bezeichnet die Fähigkeit eines Unternehmens, seine fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen. Sie gerät insbesondere in volatilen Unternehmenssituationen in den Fokus des Managements. Denn gerade im Umbruch stellt die Sicherstellung der Liquidität ein vorrangiges Ziel der Unternehmensführung dar. Dies gilt mitnichten nur für (fortgeschrittene) Krisenstadien. Gerade auch im starken Wachstum kann schlecht gemanagte Liquidität die Marktchancen der Unternehmung nachhaltig beschädigen.

Jedes Unternehmen bedarf demnach effektiver und effizienter Instrumente, um die Liquidität managen zu können. Die Liquiditätsplanung setzt genau hier an. Sie macht für die relevanten Zielgruppen die Liquiditätssituation des Unternehmens transparent, indem sie Einzahlungen und Auszahlungen zusammen mit den vorhandenen Zahlungsmittelbeständen in eine Zeitreihe bringt.

Die Liquiditätsplanung erfüllt damit drei wichtige Funktionen:

  1. Kontrollfunktion
    Die Liquiditätsplanung ermöglicht eine effiziente Kontrolle der Liquiditätssituation der Unternehmung im Zeitverlauf und identifiziert Engpässe.
  2. Steuerungsfunktion
    Die Liquiditätsplanung erlaubt es Liquidität zu steuern. Sie bildet die Grundlage für Entscheidungen des Managements und erlaubt die Simulation von Auswirkungen verschiedener Szenarien. Mithilfe eines rollierenden Soll-Abgleichs kann die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen darüber hinaus eng gesteuert werden.
  3. Informationsfunktion
    Die Liquiditätsplanung ist darüber hinaus auch eine Informationsquelle für verschiedene interne und externe Adressaten. So kann sie beispielsweise als Informationsgrundlage für Finanzierungsentscheidungen dienen.

Das Grundschema der Liquiditätsplanung

Der grundlegende Aufbau einer Liquiditätsplanung folgt einem einfachen Schema:

Mehrere dieser Periodenrechnungen nebeneinander ergeben dann die Liquiditätsplanung.

Die Länge der Perioden ist dabei so zu wählen, dass die oben genannten Ziele der Planung erreicht werden können. Der typische Betrachtungszeitraum für die Liquiditätsplanung beträgt dabei 13-Wochen (auf Wochenbasis) und 24 Monate (auf Monatsbasis). In der Liquiditätsplanung werden die einzelnen Positionen (Einzahlungen, Auszahlungen und Kassenbestände) weiter aufgegliedert, sodass das folgende Schema entsteht (hier mit monatlichen Perioden):

Die einzelnen Positionen a. bis d. lassen sich dabei weiter aufgliedern

a. Die Einzahlungen

Wesentliche Datengrundlage für die Planung der Einzahlungen sind die OP-Debitoren, der aktuelle Auftragsbestand und die Umsatzplanung. Diese drei Datenquellen sind in unterschiedlichem Maße mit planerischer Unsicherheit behaftet. Die OP-Debitoren sind am einfachsten planbar, da sie schon in Höhe und Fälligkeit bekannt sind. Hier sind lediglich Abschläge vorzunehmen, um der Tatsache gerecht zu werden, dass einige Debitoren die fällige Rechnung nicht pünktlich bezahlen. Der Auftragsbestand ist zwar in seiner Höhe bekannt, der Zeitpunkt der Fälligkeit lässt sich jedoch häufig nicht sicher bestimmen und der Umsatzforecast ist mit entsprechender Unsicherheit sowohl in Bezug auf seine Höhe als auch seine Fälligkeit behaftet.

b. Die Auszahlungen

Die bei den Einzahlungen skizzierte Problematik der unterschiedlichen Datenqualitäten, schreibt sich bei den Auszahlungen fort. Während Auszahlungen für Personal und die Dauerschuldverhältnisse wie etwa Miete oder Leasing gut planbar sind, stellt insbesondere der Wareneinkauf nicht selten eine Herausforderung dar.

Auch hier verhält sich die Problematik analog zu den Einzahlungen. Während bei den Einzahlungen die OP-Debitoren, Auftragslisten und der Umsatzplan in einer Zeitreihe zusammengeführt werden müssen, besteht das Äquivalent bei den Auszahlungen für Wareneinkauf aus den OP-Kreditoren, den Bestellungen und den Einkaufsplänen, die sich i.d.R. aus einem Umsatzforecast ableiten. Auch hier gilt, dass die drei Datenquellen sich stark hinsichtlich der Planbarkeit von Höhe und Fälligkeit der Zahlung unterscheiden

c. Umsatzsteuer

Die Zahllast für Umsatzsteuer ist jeweils am 10. des Folgemonats bzw. darauffolgenden Monats (bei Dauerfristverlängerung) abzuführen. Der dadurch entstehender Liquiditätseffekt ist in der Liquiditätsplanung auszuweisen. Probleme bereitet hier oftmals die Bestimmung der korrekten Höhe der abzuziehenden Vorsteuer, wenn Teile der Waren aus dem Ausland bezogen werden. Bei den OP-Kreditoren und bei dem Bestellobligo lässt sich der Vorsteuersatz i.d.R. gut bestimmen. Bei der Einkaufsplanung ist dagegen ein Steuersatz anzunehmen, der auf Vergangenheitswerten basiert.

d. Bankkonto

Mit Anfangs- und Endbestand an liquiden Mitteln kann man auf einen Blick erkennen, wie sich die Liquidität in der betrachteten Periode entwickelt. Hier gilt die oben bereits dargestellte Formel:

Fallstricke bei der Liquiditätsplanung

Für die Erstellung einer Liquiditätsplanung ist zu beachten, dass der Planungsprozess iterativ erfolgt. Während der Erstellung der Planung sind die relevanten Planungsprämissen demnach immer wieder zu hinterfragen und anzupassen.

Die Erstellung einer Liquiditätsplanung birgt einige Fallstricke, die es zu vermeiden gilt.

  • Zusammenführen von unterschiedlichen Datenquellen

In der Liquiditätsplanung müssen unterschiedliche Datenquellen und Datenqualitäten zusammengeführt werden. Während die OP-Bestände (Kreditoren und Debitoren) in der Regel eine relative genaue Schätzung korrespondierender Aus- und Einzahlungen erlauben, steigt die Unsicherheit, je weiter die Betrachtung in die Zukunft gerichtet ist. Die sich daraus ergebende Differenz der Datenqualitäten kann dazu führen, dass logische Brüche in die Planung Einzug halten. So könnte es bspw. sein, dass die Planumsätze nicht zu den bestehenden OP-Beständen oder zum Auftragsbuch passen. Die Folge könnte dann ein plötzlicher Umsatzsprung in eben der Periode sein, in der die Aufträge aus dem Auftragsbuch von Planzahlen abgelöst werden. Diese logischen Brüche in der Planung gilt es kritisch zu hinterfragen und im Zweifel durch eine Anpassung der Planannahmen zu glätten.

  • Vollständigkeit der Datengrundlage

Es gibt sie wirklich: die Schubladenrechnung. In manch einem Unternehmen landet schnell mal eine Rechnung in der Schublade und wird dort vergessen. Nicht selten erreicht der Bestand an Schubladenrechnungen, d.h. an Rechnungen, die nicht in der OP-Kreditoren-Liste auftauchen, eine relevante Größe. Im Zuge der Liquiditätsplanung muss sichergestellt werden, dass die Datengrundlage hinsichtlich aller relevanter Größen (insb. OP-Listen, Auftragsbücher und Bestellobligo) vollständig und konsistent ist. Insbesondere in der Krise kann sonst trotz technisch gut umgesetzter Liquiditätsplanung eine böse Überraschung drohen.

  • Kommunikative Klarheit

Alle drei Funktionen (Kontroll-, Steuerungs- und Informationsfunktion) können nur erfüllt werden, wenn das Planungsdokument klar strukturiert und für alle Beteiligten nachvollziehbar ist. Nur wenn die grundlegenden Annahmen und Zusammenhänge transparent und nachvollziehbar dokumentiert sind und das Zahlenwerk optisch klar aufbereitet wurde, kann die Liquiditätsplanung den gewünschten Effekt erzielen.

Gerade am Mangel an kommunikativer Klarheit scheitern viele, fachlich gut umgesetzte Planungsdokument. Ein häufiger Fehler ist hier, dass der Planersteller es versäumt, das Dokument mit den Augen der Rezipienten zu betrachten. So ist es nicht nur von zentraler Bedeutung, dass Planungsprämissen für alle Stakeholder transparent sind und dass der Aufbau des Dokuments klar und strukturiert ist, sondern, dass die Dokumentation adressatengerecht an das Vorwissen der verschiedenen Stakeholder Anschluss findet. Hierzu gehört insbesondere auch eine schlüssige Überleitung zu evtl. vorhandenen älteren Planungsständen anzubieten. Und regelmäßige einen Soll-Ist-Abgleich mit Erläuterung der Abweichungen zu erstellen.

Der Planungsprozess

Die oben genannten Fallstricke lassen sich insbesondere dadurch umgehen, dass ein professionell strukturierter Planungsprozess eingehalten wird. Von der Erhebung und Plausibilisierung der Rohdaten, über die Erarbeitung von Planungsprämissen bis hin zur Dokumentation muss sichergestellt werden, dass jeder Schritt hin zum finalen Planungsmodell sauber abgestimmt ist. Abstimmungsbedarf ergibt sich insbesondere zwischen den Lieferanten von Daten und dem Planersteller sowie zwischen dem Planersteller und den Entscheidungsträgern der strategischen Unternehmensplanung. Hier hat es sich bewährt, auf externe Unterstützung zurückzugreifen, um die komplexe Integration von strategischer und operativer Ebene in einem kohärenten und fachlich sauberen Planungsmodell zu meistern.

Ein besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass der Prozess der Liquiditätsplanung kein einmaliges Projekt darstellt, sondern in einen fortlaufenden Regelprozess zu überführen ist. Nur durch das ständige Abgleichen des Ist- mit dem Planzustand und das Nachschärfen von Planungsprämissen im Zeitverlauf können die Kontroll- und Steuerungsfunktion der Liquiditätsplanung realisiert werden.

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