Arbeitsrecht nach dem Hochwasser: Grenzen und Möglichkeiten


Arbeitsrecht nach der Hochwasserkatastrophe

Der Betrieb ist zerstört, die Straßen unpassierbar oder die Schäden am eigenen Haus müssen beseitigt werden – an die Arbeit ist nach dem Hochwasser kaum zu denken oder sie ist gar nicht durchführbar. Was müssen Mitarbeiter beachten, wenn der Betrieb geschlossen bleibt, sie als ehrenamtliche Helfer tätig sind oder die Wohnung von Schlamm befreit werden muss. Dr. Johan-Michel Menke, LL.M. und Dr. Arietta von Stechow von der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek erklären, was das Arbeitsrecht ermöglicht und welche Grenzen es setzt.

Wie können Mitarbeiter nach den Schäden richtig eingesetzt werden?

Krisensituationen erfordern eine flexible Arbeitsorganisation und die kurzfristige Umsetzung von Notfallmaßnahmen. Neben der Zuweisung zusätzlicher Aufgaben steht auch insbesondere die Anordnung von Mehrarbeit im Raum. Um den Betrieb vor Schäden zu schützen und die Abläufe aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, haben Unternehmen in solchen Not- und Katastrophenfällen ein jedenfalls erweitertes Weisungsrecht. Das Unternehmen kann auch nicht vereinbarte, geringwertigere Tätigkeiten zuweisen, etwa um drohende Schäden abzuwehren. Das folgt aus der Treuepflicht, § 242 BGB. Dabei ist sogar – ohne vorherige Beteiligung des Betriebsrats – die Anordnung von Mehrarbeit und die Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenzen bei der Arbeitszeit zulässig, § 14 ArbZG.

Mitarbeiter sollen dort eingesetzt werden, wo sie aktuell benötigt werden. Um diese Unterstützung zu realisieren, bestehen flexible und kurzfristige Handlungsmöglichkeiten in Form von Personalpartnerschaften. Bei Personalpartnerschaften handelt es sich um einen vorübergehenden unternehmensübergreifenden Personaleinsatz. Unternehmen treffen miteinander Vereinbarungen, um sich gegenseitig in Krisensituationen durch die Überlassung von Personal zu unterstützen.

Wann haben Mitarbeiter einen Anspruch auf Lohnfortzahlung und Freistellung?

Auch wenn der Betrieb des Unternehmens selbst vom Hochwasser betroffen ist, sodass arbeitsfähige Mitarbeiter nicht beschäftigt werden können, bleibt das Unternehmen zur Lohnzahlung verpflichtet. Nach § 615 BGB trägt der Arbeitgeber das Risiko von Betriebsstörungen.

Um die aktuelle Situation zu bekämpfen, werden unzählige freiwillige Helfer benötigt. Dafür werden auch Mitarbeiter von ihrer gewöhnlichen Arbeitsleistung durch die Unternehmen freigestellt. Um Mitarbeiter für die Unterstützungstätigkeiten zu motivieren, wird regelmäßig eine Fortzahlung der Vergütung seitens der Unternehmen (freiwillig) gewährt. Hingegen haben Mitglieder des Technischen Hilfswerk oder der freiwilligen Feuerwehr einen gesetzlichen Anspruch auf die Lohnfortzahlung.

Sonstige Mitarbeiter haben nur eingeschränkt ein Recht auf bezahlte Freistellung. Sofern dies nicht im Arbeitsvertrag ausgeschlossen ist, hat ein Mitarbeiter gemäß § 616 BGB jedoch dann Anspruch auf Bezahlung, wenn er für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“ Danach kommt eine Lohnfortzahlung nur dann in Betracht, wenn der Mitarbeiter selbst – so bei Aufräumarbeiten am eigenen Haus – an der Arbeitsleistung verhindert ist. Mitarbeiter, die wegen der Flutkatastrophe oder etwaiger Hochwasserschäden ihre Arbeitsstelle nicht erreichen können, haben dagegen grundsätzlich keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 616 BGB.

Wie wird Kurzarbeit eingeführt?

Unternehmen, deren Betrieb durch das Hochwasserereignis gestört ist und mithin ein Arbeitsausfall vorliegt, können für ihre Mitarbeiter Kurzarbeitergeld beantragen. Der Arbeitsausfall beruht auf einem unabwendbaren Ereignis im Sinne des § 96 SGB III. Sofern das Unternehmen mittelbar durch die Störung von Lieferketten vom Hochwasser betroffen ist, kommt die Beantragung von Kurzarbeitergeld aus wirtschaftlichen Gründen in Betracht. Bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld im Zusammenhang mit der Hochwasserkrise gelten die im Rahmen der Corona-Pandemie bis zum 31. Dezember 2021 eingeführten Erleichterungen ebenfalls.

Gerne beraten wir,

  • wie Sie rechtlich zulässig Ihre Mitarbeiter bei der Bekämpfung einer solchen Krisensituation einsetzen können und welche Möglichkeiten zur Umsetzung einer Personalpartnerschaft bestehen.
  • unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Lohnfortzahlung sowie Freistellung besteht und wie Sie dies rechtswirksam im Unternehmen umsetzen.
  • bei der Einführung und Antragstellung von Kurzarbeitergelder für die Mitarbeiter Ihres Unternehmens

Ansprechpartner

Dr. Johan-Michel Menke, LL.M.

Heuking Kühn Lüer Wojtek, Partner
  • T: +49 40 35 52 80-0
  • M: +49 174 17 22 14 7
  • j.menke@heuking.de

Dr. Arietta von Stechow

Heuking Kühn Lüer Wojtek, Salaried Partnerin
  • T: +49 40 35 52 80-693
  • a.stechow@heuking.de