Wer ein Unternehmen kauft, der sollte vor Vertragsschluss die wichtigsten Eckdaten und Risiken kennen. Allerdings geben Verkäufer ungerne alles über ihr Unternehmen preis. Aus diesem Spannungsverhältnis können schlimmstenfalls Fehlentscheidungen und Haftungstatbestände entstehen. Teil 2 unserer Serie legt die Zielkonflikte bei der Due Diligence offen.
Käufer und Verkäufer besitzen nicht immer gleichgerichtete Interessen bei der Due Diligence: Bei der Kaufpreisfindung herrschen naturgemäß entgegengesetzte Ansichten. Dagegen ist die Enthaftung ein gemeinsames Ziel. Durch den Informationsvorsprung des Verkäufers über das Target sind die Wege zur Enthaftung für beide Seiten jedoch unterschiedlich. Während sich ein Verkäufer enthaften kann, indem er die wesentlichen Informationen dem Käufer offengelegt (unter Einhaltung der Business Judgement Rule, des Datenschutzes und kartellrechtlicher Regelungen), muss der Käufer auf die Vollständigkeit und Validität der Informationen vertrauen, die er vom Verkäufer erhält. In Unternehmensverkäufen außerhalb der Insolvenz versuchen Käufer sich daher meist über Garantien des Verkäufers oder Rücktrittsrechte wie die Material-Adverse-Change-Klausel (MAC-Klausel) zusätzlich abzusichern. Im Allgemeinen lassen sich dennoch einige Ziele ableiten, die Due-Diligence-Prozesse regelmäßig determinieren:
Die Ergebnisse der Due Diligence der jeweiligen Teildisziplinen kann in der Gesamtschau letztlich mehrere Stoßrichtungen einnehmen. Das Auftreten von Deal-Breakern führt normalerweise zum Abbruch des Verkaufsprozesses mit einem Bieter. Erhebliche Risiken können durch eine Kaufpreisminderung oder durch entsprechende Garantien im Kaufvertrag aufgefangen werden. Ebenso können jedoch positive Aspekte aufgedeckt werden, die die Attraktivität des Targets erhöhen und Bieter dazu bewegen, in einem Bieterprozess höhere Kaufpreise aufzurufen.
Zielkonflikte in der Due Diligence
Zielkonflikte können an vielen Stellen auftreten, da die Stakeholder in einer M&A-Transaktion weit über die Geschäftsführung und Vorstände des Käufers und Verkäufers hinausgehen. Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden, finanzierende Banken, Gesellschafter und Aktionäre, und die Natur des Bieters (strategischer Investor vs. Finanzinvestor) zählen zu den wichtigsten Stakeholdern, die oft mit Nachdruck ihre Standpunkte vertreten. Während die Mitarbeiter des Targets eher eine Beschäftigungssicherheit fordern, sehen klassische Finanzinvestoren die Effizienzsteigerung und Skalierung des Targets im Vordergrund. Kunden, insbesondere solche, die nicht über langfristige Verträge an das Target gebunden sind, müssen auch zukünftig mit den neuen Eigentümern zusammenarbeiten wollen. Das Management des Targets steckt regelmäßig in dem Dilemma, einerseits möglichst vollständige Informationen für die Käuferseite bereitzustellen und andererseits die Geheimhaltungspflichten über sensible Informationen (z.B. über Kunden oder technisches Know-how) zu beachten. Finanzierungspartner des Käufers legen besonderes Augenmerk auf ihre Besicherungssituation, wodurch auch die gesellschaftsrechtliche Strukturierung maßgeblich beeinflusst wird (vor allem bei mehrstöckigen Private Equity Akquisitionsvehikeln).
Der Verkäufer ist mit diesem Zerrbild der Erwartungen oft überfordert und der fokussierte und nüchterne Blick für den Unternehmensverkauf geht verloren. Das Zusammenführen der Anspruchsgruppen gehört deshalb zu den wesentlichen Aufgaben des M&A-Beraters. Verkäufer sollten bei der Mandatierung ihres Beraters darauf achten, dass dieser im Handling der Stakeholder-Interessen erfahren ist, und bei größeren Transaktionen ein Workstream für die Stakeholder-Kommunikation aufgesetzt wird.
Den ersten Teil über Due Diligence – Risikominimierung in M&A-Prozessen finden Sie hier