Die Corona Pandemie bremst den Distressed M&A-Markt deutlich aus. Gerade einmal 35 Deals kamen im ersten Halbjahr 2020 zustande. Das ist ein Minus von 13 Deals zum Vorjahreszeitraum. Dagegen stiegen die Insolvenzen von Großunternehmen von 47 auf 101 Anträge und damit auf ein Acht-Jahres-Hoch. Trotz hoher Antragszahlen halten sich Investoren aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Lage bei Unternehmenskäufen deutlich zurück. Im Herbst wird dagegen eine Besserung des Distressed M&A-Marktes erwartet.
Die Corona-Pandemie hatte in den zurückliegenden Monaten einen starken Einfluss auf das Wirtschaftsleben. Durch den „Shutdown“ als Maßnahme zur Eindämmung des Virus wurde die ohnehin rückläufige Konjunktur weiter eingebremst. Diese Entwicklung lässt sich überraschender Weise ebenfalls bei Distressed M&A-Transaktionen beobachten. So führt das Portal Mergermarket für die ersten drei Monate im Jahr 2020 noch 23 Deals. Im zweiten Quartal sank die Transaktionshäufigkeit auf Zwölf. Die Pandemie schafft zusätzliche Risiken und es gibt derzeit kaum Antworten auf die Frage, wie resistent das Geschäftsmodell gegen die Corona-Nachwehen und weitere Infektionswellen ist. Die Unsicherheit drückt sich in den niedrigen Unternehmenskäufen aus.
Ausgesetzte Insolvenzantragspflicht hält viele Unternehmen am Leben
Das zweite Halbjahr 2020 dürfte weiterhin ganz unter den Folgen der Corona Pandemie stehen. Die Auswirkungen des zeitweisen weggebrochenen Absatzmarkts in China und nachfolgend in Europa sowie Nordamerika mit dem damit verbundenen Nachfragerückgang lassen sich noch nicht verlässlich bewerten. Akute Lieferkettenunterbrechungen sind Mitte dieses Jahres nicht mehr zu beobachten, dennoch führen die anhaltende Reduktion des öffentlichen Lebens und die Gefahr einer zweiten Welle, verbunden mit einem weiteren „Shutdown“, zu einer begründeten Skepsis. Auch die Wirksamkeit der ökonomischen Stabilisierungsmaßnahmen des Bundes wird von vielen Ökonomen bezweifelt. Die ohnehin schon angeschlagene Automotive-Industrie, der Non-Food-Einzelhandel, die Gastronomie sowie die Reise- und Veranstaltungsbranche von Hotels, über Fluglinien bis hin zu Messebauern werden nachhaltig mit den Auswirkungen durch Corona zu kämpfen haben. 42 Prozent der Insolvenzverwalter, die im April 2020 in der Falkensteg-Covid-19-Studie befragt wurden, befürchten, dass im Herbst 2020 die meisten Insolvenzanträge gestellt werden. Für den Wellenkamm im Herbst spricht auch das Ende der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Sollte die Frist verlängert werden, könnte sich der Anstieg nach hinten verzögern.
Corona führt zu Risiken aber auch zu Chancen auf dem Distressed M&A Markt
Die Risikobereitschaft der Investoren wird unter den gegebenen Umständen laufend analog zur Entwicklung der Corona-Pandemie neu einzuschätzen sein und sich auf neue bzw. laufende Transaktionsverhandlungen in Form von Risikoabsicherungsmaßnahmen auf Seiten des Käufers auswirken. Dieses Verhalten wird besonders bei Strategen zu beobachten sein. Zum einen sind die Auswirkungen einer Integration in den eigenen Geschäftsbetrieb nicht vollständig zu überblicken und zum anderen sind die Risiken einer erfolgreichen Restrukturierung unter Corona-Einflüssen nicht absehbar.
Dennoch gaben – basierend auf der Falkensteg COVID-19-Studie Distressed M&A – nur 13,5 Prozent der Investoren ihre Vorhaben komplett auf und 73 Prozent werden ungehindert weiter in ihre bestehenden Vorhaben investieren. Hierbei gehen jedoch 84 Prozent davon aus, dass Corona-Risiken pauschal in die Bewertung einfließen werden und dies zu erheblichen Abschlägen führen kann. Die Befragten sind sich jedoch unsicher, wie diese Abschläge zu berechnen sind, da nur ein Viertel der Befragten zustimmen, dass die Corona Risiken in Bewertungsmodellen abbildbar sind.
Folgen der Corona Pandemie werden erst im Zeitverlauf ersichtlich sein
Die Corona-Krise kann jedoch auch Auswirkungen auf bereits final verhandelte Transaktionen haben, wie am Beispiel der gescheiterten Übernahme der Condor durch die polnische Fluggesellschaft LOT, die mittlerweile selbst auf Staatshilfen angewiesen ist, zu beobachten war. Unter den gegebenen Bedingungen richtet sich der Ausblick auf den Distressed M&A-Markt im Wesentlichen danach, in welcher Form die globale Wirtschaft von den Corona-Auswirkungen beeinflusst wird.