Vorbereitung auf den Lieferkettenengpass in der Coronakrise


Das Coronavirus legt Fertigungsstätten und Logistikstandorte in China und anderen Ländern wie etwa Italien lahm. Je länger die Fabriken geschlossen bleiben, um so fataler werden die Auswirkungen auf die Lieferketten. In die Risikoeinschätzung muss nicht nur das eigene Unternehmen, sondern auch Zwischenlager, Logistikanbieter und Sub-Lieferanten einbezogen werden.

FalkenSteg-Partner Wolfram Lenzen erklärt, warum die Coronavirus-Epidemie erst mit erheblicher Verzögerung auf deutsche Firmen treffen wird und wie sich Mittelständler jetzt vorbereiten sollen.

Wie stark ist der Mittelstand bisher vom Coronavirus betroffen?

Aufgrund der schrittweisen globalen Ausbreitung des Coronavirus und der Reiseeinschränkungen sind zunächst natürlich diejenigen Unternehmen betroffen, die internationale Lieferketten aufweisen, die also beispielsweise Material aus Asien beziehen. Dazu gehören typischerweise Unternehmen aus dem Bereich Automotive, Maschinenbau, Elektro, Fashion-Handel, aber auch Logistik-Unternehmen und Unternehmen aus dem Bereich Messe und Veranstaltungen. Dabei sollte bezüglich der Lieferketten nicht unterschätzt werden, dass meines Erachtens die größere Belastung noch bevorsteht. Die Ware, die in Asien schon verschifft wurde, kommt noch an, also die schwimmende Ware. Ebenso konnten noch Lagerbestände abgebaut werden.  Die größere Problematik der Teileversorgung entsteht erst zeitversetzt, das heißt, wenn keine neue Ware mehr produziert und versendet wird.

Wir hören inzwischen von Kunden, dass die eigene Auslieferung ins Stocken gerät, weil Vormaterial knapp wird und der Lieferant nicht wisse, wann er wieder liefern kann. Das passt somit ins vorher beschriebene Bild.

Natürlich sind auch alle deutschen Unternehmen betroffen, die in die stark belasteten Regionen der Welt liefern, wie Asien und Italien. Hier wird es aufgrund von Auftragsstornierungen zu Einnahmeausfällen kommen.

Insgesamt ist das Risiko für den Mittelstand bei solchen Krisen relativ hoch, da die Liquiditätspuffer häufig gering sind. Solche außergewöhnlichen Belastungen auf Absatz- und Beschaffungsseite können oft nur schlecht kompensiert werden.

Was kann man als Kunde tun, wenn Probleme bei meinem Zulieferer auftreten?

Hier gilt es Transparenz bei den Lieferwegen zu schaffen. Dazu ist ein offener Austausch mit dem Lieferanten wichtig und die Beantwortung der Frage, was die Probleme bei meinem Zulieferer für meine eigene Lieferfähigkeit bedeuten. Dabei sollte eine Klassifizierung der Zukaufteile erfolgen. Was sind strategisch wichtige Teile? Welche Teile tragen zu einem hohen Gewinnanteil in meinem Unternehmen bei? Diese Teile genießen natürlich oberste Priorität.

Wie weit reichen noch meine eigenen Lagerbestände, um lieferfähig zu bleiben? Kann vorhandener Lagerbestand umgearbeitet werden? Besteht die Möglichkeit, den bestehenden Zulieferer kurzfristig durch einen anderen Zulieferer zu substituieren? Und was bedeutet das wiederum für meine Ausgabenseite und meine Liquidität?

Wie geht man am besten mit Kunden um, denen durch Probleme im eigenen Unternehmen Lieferengpässe drohen?

Zunächst mal ist die Schulung der eigenen Vertriebsmitarbeiter wichtig, damit ein abgestimmtes Vorgehen erfolgt. Dabei gilt: Transparenz gegenüber dem Kunden ist sicher das richtige Mittel der Wahl. Nur wenn ich frühzeitig Kunden auf das drohende Problem hinweise, erweise ich mich als verlässlicher Partner. Erfährt der Kunde von meinen drohenden Lieferproblemen, kann er im Rahmen seines eigenen Risikomanagements Gegenmaßnahmen ergreifen und wird nicht plötzlich überrascht. Dabei sollte man gleichzeitig mit dem Kunden Lösungsansätze diskutieren. Möglicherweise existieren noch Lagerbestände mit anderen Spezifikationen, die das vom Lieferengpass betroffene Produkt substituieren können. Oder man spricht darüber, inwieweit man die fehlende Menge zu einem späteren Zeitpunkt nachliefern kann und plant daraufhin  schon seine zukünftige Produktion mit Sonderschichten, etc. Möglicherweise kann Ware auch als Handelsware bezogen werden; womit man seinem eigenen Kunden das Sourcing abnimmt.

Alle diese Angaben benötige ich übrigens auch wieder für mein eigenes Risikomanagement und meine eigene Unternehmens- und Liquiditätssteuerung. Man sieht immer wieder die sogenannte Krise nach der Krise, das heißt, das Unternehmen übersteht die eigentliche Krise zwar noch mit der vorhandenen Liquidität, aber bei einem deutlichen Anstieg des Auftragsbestandes kann es durch den Vorfinanzierungbedarf im Working Capital in eine Liquiditätskrise geraten.

Wie geht man am besten mit Mitarbeiterausfällen um?

Was nicht passieren sollte, ist die Gefahr von Mitarbeiterausfällen zu ignorieren. Wir selbst haben uns in unserem Unternehmen frühzeitig zusammengesetzt und diskutiert, ob eine geplante Mitarbeiterveranstaltung noch stattfinden soll oder nicht und welche Auswirkungen es haben kann, wenn die Mitarbeiter in Quarantäne gehen müssen.

Im nächsten Schritt wurden die Mitarbeiter über die Einschätzung der Unternehmensleitung informiert, die geplanten Maßnahmen bei einer möglichen Quarantäne erörtert und zu guter Letzt auf die Bedeutung von Hygienemaßnahmen hingewiesen. Da unsere Mitarbeiter viel auf Reisen sind haben wir bspw. Abweichungen von unserer bestehenden Reiserichtlinie zugelassen, um das Risiko einer Ansteckung zu minimieren. Darüber hinaus informieren wir laufend über die Risikogebiete und Einreisebeschränkungen für Reisen aus Deutschland.

Diese Maßnahmen geben auch den Mitarbeitern eine gewisse Sicherheit und die Gewissheit, dass auf Seiten der Unternehmensleitung mit dem Risiko umgegangen wird.

Da wo es möglich ist, sollten Unternehmen sich überlegen, ob Mitarbeiter ins Home-Office geschickt werden können. Die Nutzung von Videokonferenzen bietet sich ebenso an. Auch das tatsächliche räumliche Trennen von Teams für besonders kritische Bereiche wird in einigen Unternehmen bereits praktiziert, bspw. bei IT-Abteilungen.

Bei Produktionsmitarbeitern ist dies natürlich nur schwer umzusetzen. Auch hier gilt es frühzeitig Maßnahmen zur Risikosteuerung zu entwickeln. Dies kann u.a. der Einsatz von Leiharbeitskräften sein oder die Planung von zusätzlichen Schichten zur Aufholung von Produktionsrückständen. Sollte umgekehrt die Produktion nicht ausgelastet sein, sollte die Einführung von Kurzarbeit geprüft werden, um die Liquidität zu schonen.

Gerne identifizieren wir mit Ihnen die geeigneten Maßnahmen und beraten Sie bei der Umsetzung. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf unter Tel. +49 211 54 76 63 18 oder E-Mail: wolfram.lenzen@falkensteg.com