Due Diligence (Teil II): Ziele und Konflikte

Wer ein Unternehmen kauft, der sollte vor Vertragsschluss die wichtigsten Eckdaten und Risiken kennen. v

Allerdings geben Verkäufer ungerne alles über ihr Unternehmen preis. Aus diesem Spannungsverhältnis können schlimmstenfalls Fehlentscheidungen und Haftungstatbestände entstehen. Teil 2 unserer Serie legt die Zielkonflikte bei der Due Diligence offen.

Käufer und Verkäufer besitzen nicht immer gleichgerichtete Interessen bei der Due Diligence: Bei der Kaufpreisfindung herrschen naturgemäß entgegengesetzte Ansichten. Dagegen ist die Enthaftung ein gemeinsames Ziel. Durch den Informationsvorsprung des Verkäufers über das Target sind die Wege zur Enthaftung für beide Seiten jedoch unterschiedlich. Während sich ein Verkäufer enthaften kann, indem er die wesentlichen Informationen dem Käufer offengelegt (unter Einhaltung der Business Judgement Rule, des Datenschutzes und kartellrechtlicher Regelungen), muss der Käufer auf die Vollständigkeit und Validität der Informationen vertrauen, die er vom Verkäufer erhält. In Unternehmensverkäufen außerhalb der Insolvenz versuchen Käufer sich daher meist über Garantien des Verkäufers oder Rücktrittsrechte wie die Material-Adverse-Change-Klausel (MAC-Klausel) zusätzlich abzusichern. Im Allgemeinen lassen sich dennoch einige Ziele ableiten, die Due-Diligence-Prozesse regelmäßig determinieren:

  • Die Untersuchung des Targets auf Deal-Breaker: Deal-Breaker frühzeitig zu erkennen, liegt originär im Interesse der Käuferseite. Die Transaktionserfahrung zeigt jedoch, dass Sachverhalte, die zum Verhandlungsabbruch führen, eher früher als später ans Tageslicht treten. Beide Seiten sollten deshalb frühzeitig ermitteln, ob einzelne Parameter des Targets nicht kompatibel mit der strategischen Ausrichtung des Käufers sind oder andere generelle Hemmnisse vorliegen, durch die die Transaktion für mindestens eine Seite nicht überwiegend vorteilhaft erscheint. Somit lassen sich im Rahmen des Prozesses auch für den Verkäufer Zeit und Geld sparen.
  • Die Beurteilung des Targets aus unternehmerischer Sicht, um die Interessenslagen der potenziellen Käufer zu verifizieren: In einer gesteuerten kontrollierten Auktion lässt sich das Käuferinteresse durch gezielte Informationsverteilung identifizieren. Grundlagen hierfür können z.B. Kurzprofile, Informations-Memoranden, Management-Gespräche und auch die erste Phase eines virtuellen Datenraums (VDR) sein. Auf dieser Informationsgrundlage werden in kontrollierten Auktionen indikative Angebote angefordert, in denen sich spätestens das Käuferinteresse herauskristallisiert.
  • Die Identifizierung von operativen und finanziellen Potenzialen und Problemfeldern, aus denen Synergien und Kaufpreisgrundlagen abgeleitet werden können: Hierin liegt der Kern der Due Diligence, bei dem Käufer (oder Verkäufer, im Rahmen einer Vendor Due Diligence) häufig auf Unterstützung von externen spezialisierten Beratern angewiesen sind.
  • Das Erkennen von rechtlichen Risikofaktoren, die Einfluss auf die Haftung des Verkäufers haben könnten und die ggf. über Garantien in den Kaufverträgen minimiert werden können. In diesem Punkt können Rechtsanwälte mit Spezialisierung auf z.B. Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht oder Kartellrecht wertvolle Beiträge leisten und Verhandlungsmasse für den Käufer schaffen sowie für den Verkäufer möglichst geringe Zusagen durchsetzen.
  • Die „faire“ Unternehmenswertermittlung und Kaufpreisfindung: Durch eine auf Zahlen und Fakten basierende Wertermittlung können die unterschiedlichen Positionen von Käufer und Verkäufer angenähert werden. Für Verkäufer schafft das frühzeitige Hinzuziehen eines M&A-Beraters außerdem Transparenz für eine realistische Kaufpreiserwartung. Käufern ermöglicht eine fundierte Datengrundlage eine bessere Identifizierung möglicher Synergien und somit Spielraum in der Kaufpreisverhandlung.
  • Weitere systematische unternehmensübergreifende Analysen: Auf Basis der jeweiligen Gegebenheiten des Targets können weitere Prüfungen notwendig und sinnvoll sein. Fast immer sollte bspw. eine individuelle steuerliche Beurteilung erfolgen, z.B. in Bezug auf den möglichen Untergang von Verlustvorträgen. Eine technische Prüfung ist immer sinnvoll bei Produktions- oder IT-Unternehmen. Wichtige Betriebsimmobilien im Eigentum des Targets sollten ebenfalls separat durch spezialisierte Berater geprüft werden. Auch in diesen sonstigen Due-Diligence-Bereichen können Deal-Breaker (und Potenziale) offengelegt werden (siehe auch Teil 1).

Die Ergebnisse der Due Diligence der jeweiligen Teildisziplinen kann in der Gesamtschau letztlich mehrere Stoßrichtungen einnehmen. Das Auftreten von Deal-Breakern führt normalerweise zum Abbruch des Verkaufsprozesses mit einem Bieter. Erhebliche Risiken können durch eine Kaufpreisminderung oder durch entsprechende Garantien im Kaufvertrag aufgefangen werden. Ebenso können jedoch positive Aspekte aufgedeckt werden, die die Attraktivität des Targets erhöhen und Bieter dazu bewegen, in einem Bieterprozess höhere Kaufpreise aufzurufen.

Zielkonflikte in der Due Diligence

Zielkonflikte können an vielen Stellen auftreten, da die Stakeholder in einer M&A-Transaktion weit über die Geschäftsführung und Vorstände des Käufers und Verkäufers hinausgehen. Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden, finanzierende Banken, Gesellschafter und Aktionäre, und die Natur des Bieters (strategischer Investor vs. Finanzinvestor) zählen zu den wichtigsten Stakeholdern, die oft mit Nachdruck ihre Standpunkte vertreten. Während die Mitarbeiter des Targets eher eine Beschäftigungssicherheit fordern, sehen klassische Finanzinvestoren die Effizienzsteigerung und Skalierung des Targets im Vordergrund. Kunden, insbesondere solche, die nicht über langfristige Verträge an das Target gebunden sind, müssen auch zukünftig mit den neuen Eigentümern zusammenarbeiten wollen. Das Management des Targets steckt regelmäßig in dem Dilemma, einerseits möglichst vollständige Informationen für die Käuferseite bereitzustellen und andererseits die Geheimhaltungspflichten über sensible Informationen (z.B. über Kunden oder technisches Know-how) zu beachten. Finanzierungspartner des Käufers legen besonderes Augenmerk auf ihre Besicherungssituation, wodurch auch die gesellschaftsrechtliche Strukturierung maßgeblich beeinflusst wird (vor allem bei mehrstöckigen Private Equity Akquisitionsvehikeln).

Der Verkäufer ist mit diesem Zerrbild der Erwartungen oft überfordert und der fokussierte und nüchterne Blick für den Unternehmensverkauf geht verloren. Das Zusammenführen der Anspruchsgruppen gehört deshalb zu den wesentlichen Aufgaben des M&A-Beraters. Verkäufer sollten bei der Mandatierung ihres Beraters darauf achten, dass dieser im Handling der Stakeholder-Interessen erfahren ist, und bei größeren Transaktionen ein Workstream für die Stakeholder-Kommunikation aufgesetzt wird.

Den ersten Teil über Due Diligence – Risikominimierung in M&A-Prozessen finden Sie hier

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